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Wandel

„Hey, alles glänzt, so schön neu!“ – die neue EZB setzt Impulse im Stadtteil

Jakob DettmarEZBSkaterpark vor der EZB: Treffpunkt für Jugendliche

Wo früher Kohle verschifft wurde, wohnen Frankfurter jetzt direkt am Wasser - mit der Europäischen Zentralbank und einem Skateplatz in der Nachbarschaft. Die Entwicklung spürt auch der evangelische Gemeindepfarrer vor Ort.

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„Ich kaufe mir Baumaschinen, Bagger, Walzen und Kräne, stürze mich auf Berlin, drücke auf die Sirene. Hey, alles glänzt, so schön neu!“ - was der Rapper Peter Fox in seinem Hit „Alles Neu“ singt, wurde im Frankfurter Ostend realisiert: Aus einem Industriegebiet entwickelt sich ein begehrter, hipper Stadtteil. Immer mehr Kreative, Marketing- und IT-Dienstleister haben sich im Ostend angesiedelt. Impulse für den Stadtteil setzt auch der Neubau der Europäischen Zentralbank (EZB), der am 18. März 2015 eröffnet wird.
Stadtplaner Dr. Martin Neitzke erklärt, dass das neue EZB-Gebäude „ein besonderer Glücksfall“ gewesen sei: Denn die alte Großmarkthalle wurde ins Bauvorhaben integriert. Die Stadt wollte das Bauwerk erhalten, habe die Sanierung aber nicht bezahlen können - das habe die EZB übernommen. Bei Martin Neitzke vom Frankfurter Stadtplanungsamt liefen über zwölf Jahre hinweg alle Fäden zusammen. Er freut sich: „Das war eine sehr elegante Lösung, die Großmarkthalle wiederum als einen Marktplatz, wenn auch als einen etwas anderen Marktplatz, zu nutzen.“ Neu ist auch eine Gedenkstätte in der Großmarkthalle, die an die Deportation der Juden erinnern soll.

Steigende Mieten lösen Bevölkerungswandel aus 

Früher bestand das Ostend vor allem aus Hafenanlagen - Kohle wurde verschifft, die Stadt mit Energie versorgt. „Das Ostend war aber kein Arbeiterviertel, sondern eher ein kleinbürgerliches Viertel“, sagt Neitzke. Pfarrer Wolfgang Löbermann ist seit 17 Jahre für die evangelische Gemeinde im Ostend tätig und bemerkt inzwischen einen Wandel unter seinen Gemeindemitgliedern: Mittlerweile sind über 40 Prozent der Mitglieder zwischen 25 und 40 Jahre alt, meist gut situiert. Allerdings hat Martin Neitzke, der die Umwandlung als Stadtplaner in den letzten 20 Jahren betreut hat, den Eindruck: „Wir beobachten keine Verdrängungseffekte. Es gibt keine Luxussanierungen.“  Pfarrer Löbermann hingegen hört immer wieder von Familien aus seiner Gemeinde, dass sie sich alleine fühlen, weil andere Bewohner aus ihrem Haus ausgezogen seien. Einige Vermieter würden die Wohnungen leer stehen lassen, weil sie hoffen, dass die Mieten noch steigen oder alle Mieter ausziehen, damit das gesamte Haus saniert und dann als Luxuswohnung vermarktet werden könne, so die Beobachtung des Pfarrers. „Es ziehen Familien oft dann weg, wenn ein weiteres Kind kommt und sie sich eine neue Wohnung hier im Stadtteil nicht leisten können. Die Mieten sind schon deutlich spürbar gestiegen“, erzählt Löbermann. „Die Stadtentwicklung muss darauf achten, dass Menschen, die sich diese Wohnlangen nicht mehr leisten können, weiterhin dort wohnen können“, fordert Gunter Volz vom Stadtdekanat.
Die Neubauten an der Weseler Werft sind zu einem Drittel sogar Sozialwohnungen. Aber das Problem der Verdrängung trifft nicht nur die Ärmsten: Eine Angestellte aus dem Ostend erzählt, dass sie für den sozialen Wohnungsbau zu wohlhabend sei, sich aber die Mieten auf dem freien Wohnungsmarkt hier nicht leisten könne. „Es gibt hier keine Wohnungen mehr für normale Leute, wir werden aus dem Ostend vertrieben“, sagt sie. „Die Frage des bezahlbaren Wohnraums ist auch eine Frage für die Mittelschichten geworden, der Polizist oder die Krankenschwester haben Probleme, bezahlbaren Wohnraum zu finden“, bestätigt Gunter Volz.

Was tun gegen die Verdrängung?

Pfarrer Volz schlägt vor, dass die Stadt verstärkt zu Instrumenten greifen solle, die Verdrängung verhindern: Dazu brauche es mehr geförderten Wohnungsbau und die Mietpreisbremse müsse endlich greifen. Gegen die Investoren, die mit den Immobilien in erster Linie Geld machen wollen, helfe auch, genossenschaftlichen Wohnungsbau zu fördern oder Millieuschutzsatzungen einzuführen - die erlauben es der Stadt zu kontrollieren, wo Mietwohnungen in teure Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Eine weitere Idee: „Die Stadt sollte verstärkt versuchen, von dem leerstehenden Büroraum, von dem wir in Frankfurt viel haben, zu Wohnraum umzuwandeln“, sagt Gunter Volz - das versucht die Stadt übrigens gerade in Niederrad. Mittlerweile habe die Stadtregierung das Problem erkannt, trotzdem: „Der soziale Wohnungsbau wurde lange Zeit vernachlässigt und es ist wichtig, dass der in der Agenda wieder ganz nach vorne rückt“.

Gewinn für die Öffentlichkeit

Den größten Vorteil der Veränderungen sieht Stadtplaner Neitzke darin, dass nun frühere Industrieflächen am Main jetzt allen Bürgern zur Verfügung stehen: „Ich denke, da ist im Hinblick auf eine Steigerung des privaten Nutzens weniger geschehen als zur Steigerung des öffentlichen Nutzens.“ Er betont klar den Vorteil für die Allgemeinheit. Auch Pfarrer Löbermann nennt den neuen Hafenpark eine „ganz tolle Sache“ und beschreibt, wie viel Leben in den Stadtteil gekommen sei: Jugendliche im Stadtteil hätten endlich einen Ort, wo sie sich treffen könnten - „zumindest wurde brachliegender Raum in sinnvolle Flächen umgewidmet“. Tatsächlich kommen nicht nur die Bewohner des Ostends, sondern Bürger aus ganz Frankfurt in den neuen Hafenpark. Ein junger Vater, der eigentlich auf der anderen Mainseite wohnt, genießt das neue Naherholungsgebiet: „Es ist unheimlich viel Leben hier, das ist für uns eine super Sache, wirklich eine Aufwertung der Ecke.“

[Jakob Dettmar]

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