Digitalisierung
Mit Video: Wer ist der Mensch im Zeitalter der Digitalisierung?
Peter Bernecker"Die Digitalisierung bedeutet für viele Menschen auch eine Erweiterung ihrer Möglichkeiten". Volker Jung auf einem Podium zum Thema Digitalisierung und Künstliche Intelligenz22.06.2019 pwb Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Peter BerneckerKirchenpräsident Volker Jung und Hanno Terbuyken (evangelisch.de) plaudern in lockerer Atmosphäre über den Glauben im digitalen Wandel.Auf einem Expertenpodium zum Thema "Wer ist der Mensch im Zeitalter der Digitalisierung" verblüfften die beiden Eingangsredner das Publikum mit scheinbar vertauschten Rollen. Die Wirtschaftsinformatikerin Prof. Dr. Sarah Spiekermann-Hoff aus Wien, fragte nach dem Menschenbild, das Informatiker und IT-Konzerne vom Menschen haben. Kein gutes, so Spiekermann-Hoff, denn je unvollständiger sich der Mensch fühle, desto dankbarer nehme er digitale Produkte an. Also seien es insbesondere die Firmen, die mit der Digitalisierung Geld verdienen, die dem Mensch einzureden versuchten, er sei auf die neueste digitale Technik angewiesen. "Aus wirtschaftlicher Sicht ist ein unvollständiger Mensch der beste Befürworter und Käufer von digitalen Produkten, die mehr Freizeit und mehr Möglichkeiten der Selbstverwirklichung versprechen", so Spiekermann-Hoff. Das Rasen des digitalen Hamsterrades lasse es uns leicht vergessen, was wir eigentlich sind: verletzbare Pflanzen und verwundbare Tiere. Ihre Kritik an der Digitalisierung ging einher mit der Forderung, dass sich der Mensch doch mehr an seiner Natürlichkeit orientieren müsse.
Digitalisierung ist Erweiterung
Volker Jung erstaunte das Publikum, denn nachdem eine Informatikerin ihre eigene Branche stark kritisiert hatte, näherte er sich als Theologe der Digitalisierung auf eine positive Weise. Für viele Menschen sei die Digitalisierung schließlich eine Erweiterung ihrer Möglichkeiten, beispielsweise in der Kommunikation. Die Möglichkeiten der vielfältigen Kommunikation biete den Menschen Chancen zur Emanzipation.
Die Digitalisierung in der Arbeitswelt sei durchaus problematischer. Hier fühlen sich Menschen oft zunehmend nutzlos, wenn digital gesteuerte Maschinen präziser und effektiver arbeiten. Der Verlust eines Arbeitsplatzes - besonders, wenn "Kollege Roboter" dann die Arbeit erledigt, ist für das Selbstbewußtsein des Menschen ein harter Schlag.
Ewiges Leben?
So mancher Geisteswissenschaftler projeziere auch sehr weitgehende Erwartungen an den digitalen Wandel. Jung verwies auf den israelischen Historiker und Autor ("Homo Deus"), der beschreibt, das die Digitalisierung in gewisser Weise zur Überwindung des Todes führe. Zumindest gehen medizinisch-technische Zukunftsszenarien davon aus, dass das menschliche Leben um wesentliche Zeitspannen verlängert werden könne. Aus theologischer Sicht zog Jung hier allerdings eine Grenze: Als Christen glauben wir, das nur Gott das Ewige Leben schenken kann. Der Mensch alleine kann das nicht bewerkstelligen.
Informatikerin Spiekermann-Hoff weist solche Zukunftsszenarien generell von der Hand: "Seriöse Informatiker schütteln bei solchen Phantasien einfach nur die Köpfe".
Tut sich die Theologie mit der Digitalisierung schwer?
Der Journalist Hanno Terbuyken von evangelisch.de fragte auf dem abendlichen Netzgemeindefest Volker Jung, ob die Theologie mit den Fragestellungen zur digitalen Zukunft womöglich überfordert sei. Jung gab zu bedenken, dass viele Probleme der Digitalisierung sich nur aus mehreren Perspektiven heraus angehen lassen. Philosophie, Naturwissenschaft und Soziologie seien genauso gefragt, wie auch die Theologie. Das Zusammenspiel von Geist und Körper sei hochkomplex und keinesfalls ein einfacher Dualismus. An das "Geheimnis des Lebens", so Jung, komme man nicht einfach ran, wenn man nur die cognitive Seite des Menschen nachahme. Vor allem aber müssen die aktuellen Fragestellungen des digitalen Wandels auch in die Ausbildung des theologischen Nachwuchses einfließen.
Sprachbilder neu bedenken
An einem einfachen sprachlichen Bild verdeutlichte Jung, dass Theologen stärker darüber nachdenken müssen, in welchen Metaphern sie sprechen. Geht es um Gott, so sind Sätze wie "Von allen Seiten umgibst Du mich ..." oder "Du kanntest mich bereits bevor ich geboren wurde ..." als Trost und vertrauendspendende Sätze. Angewandt auf digitales Tracking aber gehen zu Recht alle Alarmlampen an.
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