Vertrauen ... trotz Angst
HartmannGleise im Bahnhof02.08.2019 mhart Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Eine Mutter und ihr Kind werden in Frankfurt vor einen fahrenden Zug gestoßen. Eine junge Frau wird in Voerde vor den Zug gestoßen. In Wächtersbach wird ein junger Mann auf offener Straße aus einem Auto mit der Pistole beschossen. In Wolfhagen wird ein Politiker auf der Terrasse seines Hauses erschossen.
Fassungslosigkeit, Entsetzen, Verzweiflung machen sich breit. Wut und Zorn mischen sich unter die Gefühle. Nicht nur bei denjenigen, die das Geschehene unmittelbar miterleben.
Wem kann ich noch trauen?
Wo bin ich eigentlich noch sicher? Wem kann ich noch trauen? Muss ich in Zukunft immer in der Mitte des Bahnsteigs stehen? Und auf dem Bürgersteig an der Häuserwand entlang laufen statt an der Bordsteinkante? Kann ich abends noch mit einem Glas Wein in Frieden auf der Terrasse sitzen, oder gibt es jemanden, der sich geärgert hat über mich, über das, was ich gesagt oder getan oder hier geschrieben habe?
Mir wird bewusst: Ich habe mein Leben nicht in der Hand. Ich bin darauf angewiesen, dass ich anderen Menschen vertrauen kann. Dass ich ihnen Gutes zutrauen kann. Und nicht Böses von ihnen befürchten muss. Wenn mir dieses Vertrauen fehlt, werde ich krank. Wenn uns als Gesellschaft dieses Vertrauen zu einander fehlt, wird sich der Frieden in unseren Städten und Dörfern rar machen. Und damit verschwinden zugleich Glück und Fröhlichkeit. Vieles, was unser Leben gut macht.
Ich muss vertrauen
Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr stelle ich fest: Ich muss vertrauen. Ich will vertrauen. Gerade jetzt muss ich das wieder neu einüben. Und wenn Sie das genauso versuchen, dann kann es werden wie das Lied verheißt (EG 630):
Wo ein Mensch Vertrauen gibt, nicht nur an sich selber denkt, fällt ein Tropfen von dem Regen, der aus Wüsten Gärten macht.
Pfarrer Andreas Specht (stellv. Dekan des Evangelischen Dekanats Gießen)
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