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Holocaust-Gedenken

Klar Position gegen Antisemitismus und Rassismus beziehen

istockphoto/Robert ChurchillHände im KreisGemeinschaft leben: In welchem Verhältnis stehen wir zu anderen, die uns vertraut und fremd zugleich sind?

Laut Kirchenpräsident Jung sei es erschreckend, wie verbreitet heute rassistisches Gedankengut sei. Das sagt er vor dem Hintergrund des „Tages des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ am 27. Januar. Was ist zu tun?

epdVolker JungKirchenpräsident Jung macht aufmerksam: „Es ist wichtig, kritisch hinzuschauen und hinzuhören und sich eben nicht auf das Hörensagen und Fake-News zu verlassen.“

Am Morgen des 27. Januar 1945 erreichten die ersten Soldaten der Roten Armee am Ende des Zweiten Weltkrieges das Vernichtungslager Auschwitz III Monowitz. „Die Rotarmisten betraten das Barackenlager und stießen auf etwa 600 völlig ausgemergelte Männer, außerdem Hunderte Leichen“, berichtet Welt-Online über die ersten Eindrücke der sowjetischen Soldaten. Insgesamt fielen rund sechs Millionen Juden der so genannten Shoa zum Opfer – in den Konzentrations- und Vernichtungslagern, aber auch in Folge der schlechten Lebensbedingungen in den Ghettos, bei Massenerschießungen und auf Todesmärschen.
Zu den Menschen die unter dem Naziregime litten, gehörten auch Kommunisten, einige Pfarrer, Systemkritiker, Sinit und Roma, Homosexuelle, geistig Behinderte und sozial „Auffällige“. Sie wurden entrechtet, verfolgt und ermordet. Daran erinnert  der „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ in Deutschland, der sich am Datum der Befreiung des Konzentrationslagers Ausschwitz ausrichtet.

Gemeinsam Verantwortung übernehmen für die Menschenwürde

„Die künftige Verantwortung der Deutschen für das `Nie wieder´ ist besonders groß“, hatte der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog in seiner Ansprache bei der Einführung des Gedenktages in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1996 gesagt. Der Tag geht auf die Initiative des am 10. Januar 2017 verstorbenen Roman Herzogs zurück. EKHN-Kirchenpräsident Dr. Volker Jung unterstützt auch heute dieses Anliegen: „Zu den  Lehren aus dem Holocaust sollte gehören, dass wir wachsam bleiben müssen. Es darf nie wieder sein, dass Menschen anderen Glaubens oder anderer Herkunft verfolgt oder misshandelt werden.“ Der ehemalige Bundespräsident  machte damals deutlich, dass das Gedenken nicht als ein in die Zukunft wirkendes Schuldbekenntnis sei. Aber er betonte auch: „Eine kollektive Verantwortung gibt es.“

Position beziehen, auch in den sozialen Medien

Wie beurteilt Dr. Volker Jung, Kirchenpräsident der EKHN, die Situation 21 Jahre nach der Rede Herzogs? „Es ist erschreckend, wie verbreitet antisemitisches Gedankengut bis in die Mitte der Gesellschaft hinein nach wie vor bei uns ist.“ Dazu trügen soziale Medien und gezielte Falschmeldungen viel bei. Seine Botschaft an Jugendliche und Erwachsene lautet: „Es sollte selbstverständlich sein, aus christlicher und geschichtlicher Verantwortung heraus klar Position zu beziehen und sich gegen jeglichen Antisemitismus einzusetzen. Das gilt im persönlichen Gespräch genauso wie in den Foren des Internets.“

Weltweit erinnern

Roman Herzog hatte die Hoffnung, dass sich gemeinsam Formen des Erinnerns fänden, die zuverlässig in die Zukunft wirkten. Um der Opfer des Holocaust zu gedenken und um weitere Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verhindern, hatten 2005 die Vereinten Nationen den Tag als „Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust“ erklärt. Zuvor hatte neben Deutschland auch Groß-Britannien am 27. Januar einen Gedenktag eingeführt. In Israel wird in diesem Jahr am 24. April 2017 an die Opfer der Shoa und des jüdischen Widerstandes an dem nationalen Feiertag „Jom haScho’a“ gedacht. Der nationale Feiertag wurde in den 50er Jahren eingeführt.

Evangelische Gemeinden halten Erinnerung wach

Die Erinnerungskultur unterstützen auch evangelische Kirchengemeinden. Beispielsweise wird in der Dreikönigskirche in Frankfurt-Sachsenhausen am 29. Januar ab 10 Uhr im Gottesdienst Dr. Meron Mendel predigen; er ist der Leiter der Bildungsstätte Anne Frank. Dabei wird er der Frage nachgehen: „Was ist Erinnerungsarbeit und warum ist sie heute in Bezug auf die Verbrechen des Nationalsozialismus immer oder gerade wieder so wichtig?“

Sensibel für die Anfänge im Kleinen und Banalen sein – vor allem im Wahljahr

Der ehemalige Bundespräsident hatte zwei Punkte genannt, um menschenverachtenden Terror zu verhindern: „Die Kenntnis der Folgen von Rassismus und Totalitarismus und die Kenntnis der Anfänge, die oft im Kleinen, ja sogar im Banalen liegen können.“ Worte, die auch heute die Zustimmung des hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten finden: „Kleine Sticheleien am Rand können zu einem breit angelegten Rassismus gegen bestimmte Gruppen führen. Gerade im Wahljahr in Deutschland ist hier höchste Wachsamkeit gefordert.“ Volker Jung hält es für gefährlich, aus Vorurteilen oder Einzelfällen auf eine ganze Gruppe von Menschen zu schließen. Das gelte beispielsweise für die vermeintlich hohe Kriminalitätsrate bei Migranten, die bei genauer Betrachtung  eben auch nicht höher sei als beim Durchschnitt der Bevölkerung. Kirchenpräsident Jung empfiehlt: „Es ist wichtig, kritisch hinzuschauen und hinzuhören und sich eben nicht auf das Hörensagen und Fake-News zu verlassen.“
Jung geht jedoch davon aus, dass die Gesellschaft erleben werde, wie manche mit der  Diskriminierung von Fremden auf Stimmenfang gehen. Sehr problematisch sei zurzeit auch eine immer wieder zu hörende pauschale Verdächtigung von Muslimen.

EKHN: Respekt und Wertschätzung gegenüber dem jüdischen Glauben

Doch wie steht es um die EKHN selbst? „Die hessen-nassauische Kirche hat sich verhältnismäßig früh und sehr intensiv mit den Folgen des Nationalsozialismus auseinandergesetzt“, erklärt Kirchenpräsident Jung. Eine Frucht davon sei beispielsweise  die Erweiterung des Grundartikels vor 25 Jahren um ein klares Bekenntnis zur bleibenden Erwählung der Juden und die besondere Verbindung des christlichen Glaubens zum Judentum. Diese Einsicht durchziehe die Arbeit in der EKHN bis heute. Sie sei geprägt vom Respekt und der Wertschätzung gegenüber dem jüdischen Glauben. Das reiche von der Formulierung von Texten für Gottesdienste bis zur Entwicklung von Materialien für den Unterricht. „Ich wünsche mir, dass der Dialog mit dem Judentum und auch anderer Religionen weiter verstärkt wird. Diese Begegnungen ermöglichen Einblicke in die gelebte Frömmigkeit der anderen und wirken Vorurteilen und möglicher Ausgrenzung entgegen. Das ist in einer aktuell manchmal aufgewühlten gesellschaftlichen Debatte dringend nötig“, so der Kirchenpräsident.

Eine jüdische Zeitzeugin berichtet

mehr zum Thema Geschichte

Grundartikel der EKHN

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