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Interkulturelle Woche

Gauck: Warnung vor Spaltung des Landes in Flüchtlingsfrage (mit Video)

Bistum Mainz / BlumBundespräsident Gauck in Mainz: "Weites Herz, endliche Möglichkeiten"Bundespräsident Gauck in Mainz: "Weites Herz, endliche Möglichkeiten"

Die Interkulturelle Woche 2015 ist bei einer zentralen Feier in Mainz eröffnet worden. Bundespräsident Joachim Gauck warnte beim Festakt vor einer Spaltung des Landes und zunehmenden Konflikten in der Flüchtlingsfrage.

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Eröffnung Intnerkulturellen Woche 2015 in Mainz mit Augoustinos, Bedford-Strohm, Marx (v.l.). Eröffnung der Interkulturellen Woche 2015 in Mainz
IKWMotiv zu Interkultureller Woche 2015Motiv zu Interkultureller Woche 2015

Vor den Worten Gaucks hatte in einem Gottesdienst der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Reinhard Marx gefordert, Flüchtlingen weiter eine Perspektive zu eröffnen. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm mahnte, den in Deutschland ankommenden Menschen weiter offen zu begegnen.

Mainz, 27. September 2015. Paukenschlag des Bundespräsidenten in Rheinland-Pfalz: Bei dem Festakt zur Eröffnung der Interkulturellen Woche in Mainz warnte Joachim Gauck am Sonntagabend vor einer Spaltung des Landes angesichts der Flüchtlingsfrage. In seiner Rede hob er die besondere Herausforderung hervor, die die Hilfesuchenden Menschen für Deutschland bei der Integration bedeuteten. Er wolle ein „fundamentales Dilemma" offen ansprechen, das viele Menschen bewege: Der Wille zur Hilfe sei groß aber die Kräfte begrenzt. Gauck: „Unser Herz ist weit, doch unsere Möglichkeiten sind endlich". Und weiter fragte das Staatsoberhaupt: „Wird der Zuzug uns irgendwann überfordern? Werden die Kräfte unseres wohlhabenden und stabilen Landes irgendwann über das Maß hinaus beansprucht?" Der Bundespräsident warnte vor anstehenden Konflikten. Gauck: „In dieser Situation habe ich eine dringende Bitte: dass sich die Besorgten und die Begeisterten nicht gegenseitig denunzieren und bekämpfen, sondern sich im konstruktiven Dialog begegnen."

Gauck für Begrenzung des Zuzugs

Deutlich sprach sich Gauck für eine Begrenzung des Zuzugs aus. Er erklärte: „Unsere Aufnahmekapazität ist begrenzt, auch wenn noch nicht ausgehandelt ist, wo diese Grenzen liegen." Zugleich wies Gauck auf die starken Seiten des Landes hin und zeigte sich tief beeindruckt von der gegenwärtigen Hilfsbereitschaft Tausender, die er als „Graswurzelbewegung der Menschlichkeit" bezeichnete. Deutschland bleibe trotz aller Herausforderungen durch die Migration ein „Land der Zuversicht". Er sagte den Flüchtlingen in Deutschland zu: „Sie sind hier sicher". 

Gottesdienst mit Marx und Bedford-Strohm 

Mit einem ökumenischen Gottesdienst im Mainzer Dom war zuvor die 40. Interkulturelle Woche bundesweit eröffnet worden. In einem Gemeinsamen Wort würdigen der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland, Metropolit Augoustinos von Deutschland, die Entwicklung Deutschlands zu einem Einwanderungsland. Dennoch gebe es Teile der Bevölkerung, die Probleme mit der zunehmenden gesellschaftlichen Vielfalt hätten: „In den vergangenen Monaten mussten wir erkennen, dass es in Deutschland auch heute noch offenen und verdeckten Rassismus gibt.“ Jeder Form von Ausgrenzung setzen die Kirchenvertreter das Konzept der Interkulturellen Woche entgegen: „Begegnung führt zum Abbau von Ängsten und lässt aus Unbekannten geschätzte Nachbarn, Freundinnen und Freunde werden. Gespräche schaffen Verständnis. Gesellschaftliche Teilhabe erlaubt volle Gleichberechtigung und lässt Integration wachsen.“

Bildungs- und Berufsperspektiven eröffnen

In seiner Einführung während des Ökumenischen Gottesdienstes dankte Kardinal Marx für die große Hilfsbereitschaft derer, „die in den letzten Wochen und Monaten dafür gesorgt haben, dass der Ansturm von Flüchtlingen in Deutschland bewältigt werden konnte: der Bundesregierung und den zuständigen Stellen auf allen Ebenen der öffentlichen Verwaltung, den Wohlfahrtsverbänden und ihren professionellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und vor allen Dingen den ungezählten ehrenamtlich Engagierten, die mit ihrer spontanen Hilfsbereitschaft und ihrem Einsatz ein überwältigendes Bild von Gast- und Menschenfreundlichkeit gezeichnet haben. Ein Bild im Großformat! So zeigt sich auch und gerade unsere christliche Identität: sich der Armen, der Leidenden, der Kranken, auch der Fremden anzunehmen, zu helfen und zu teilen.“ Auf den Erfahrungen des schon langen Weges der Interkulturellen Woche könne die künftige Arbeit weiter aufgebaut werden: „Wir müssen uns darauf einstellen, dass zahlreiche Flüchtlinge mit ihren je eigenen kulturellen und religiösen Prägungen dauerhaft bei uns bleiben werden. Das wird Schwierigkeiten mit sich bringen, nicht alles wird glatt laufen. Aber wir wissen: Am besten wird Integration gelingen, wenn wir den neu zu uns Gekommenen von Anfang an aussichtsreiche Bildungs- und Berufsperspektiven eröffnen und ihnen eine aktive Teilhabe an unserem Gemeinwesen ermöglichen“, so Kardinal Marx.

Menschenwürde gilt für alle

In seiner Predigt im Eröffnungsgottesdienst nahm der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Bezug auf die Jahreslosung, die angesichts der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge aktueller denn je sei: „Nehmt einander an“, dieser Appell sei nicht vereinbar mit religiöser oder anderer Intoleranz. „Gerade als Christinnen und Christen halten wir in diesen Tagen die gottgegebene unveräußerliche Menschenwürde hoch. Sie gilt allen.“ Es gebe keine spezielle Christenwürde, vielmehr gelte es, die Würde aller Menschen zu bewahren. „Ob als Einheimische oder Zugewanderte, Menschen mit Migrationsgeschichte oder Alteingesessene, Neuzugezogene und Flüchtlinge auf der Durchreise – uns alle verbindet: dass wir Menschen sind.“  Umso dringlicher sei es, die Menschen, die zu uns kommen, zu integrieren. „Denn auch sie werden Teil der interkulturellen Gesellschaft, ob auf Dauer oder nur vorübergehend.“ Die Interkulturelle Woche mit ihren Begegnungsorten leiste dazu einen wichtigen Beitrag: „Wer sich wirklich begegnet und sich in die Augen schaut, wird feststellen, dass das fremde Gegenüber vielleicht gar nicht so fremd ist, sondern ähnliche Bedürfnisse, Sorgen und Hoffnungen hegt. Nicht selten sind durch solche Begegnungen Freundschaften fürs Leben entstanden“, so Bedford-Strohm.

Dem ökumenischen Gottesdienst schloss sich ein Festakt in der Staatskanzlei des Landes Rheinland-Pfalz auf Einladung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer an, bei dem  Bundespräsident Joachim Gauck sprach.

Hintergrund 

Die Interkulturelle Woche findet 2015 zum 40. Mal statt. Sie ist eine bundesweite Initiative der Deutschen Bischofskonferenz, der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Griechisch-Orthodoxen Metropolie. Deutschlandweit sind während der Interkulturellen Woche mehr als 4.500 Veranstaltungen an über 500 Orten geplant.

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